Wohnung zu teuer? Vielleicht doch nicht…

Das Bundessozialgericht hat am 25.04.2018 ein nettes Urteil gefällt, das zwar nicht auf viele Fälle zutrifft, aber auch nicht völlig unbeachtet bleiben sollte.

Folgende Situation (vereinfachte Darstellung):
Die alleinerziehende Mutter M lebt mit ihrem dreijährigen Kind K in einer Wohnung. Die Wohnung kostet insgesamt 500,00 €.
Für den Wohnort gelten diese Mietrichtwerte: 300,00 € für eine Person und 350,00 € für zwei Personen.
Die Wohnung ist also 150,00 € zu teuer.
M wird vom Jobcenter aufgefordert, ihre Mietkosten auf den angemessenen Wert zu senken. Das tut sie nicht. Nach sechs Monaten wird die berücksichtigte Miete auf 350,00 € gekürzt. Es entsteht ein Fehlbetrag von 150,00 €.

Soweit richtig, jedenfalls in den meisten Fällen.

Jetzt haben wir hier aber die Besonderheit, dass K von seinem Vater Unterhalt in Höhe von 300,00 € monatlich erhält. Außerdem bezieht M Kindergeld für K in Höhe von 194,00 €, das im SGB II als Einkommen von K gilt (§ 11 Abs. 1 Satz 4 u. 5 SGB II).

Nun rechnen wir:
Regelbedarf K: 240,00 €
KdU-Anteil K: 250,00 € (Aufteilung nach Köpfen)
Summe Bedarf K: 490,00 €

Kindergeld: 194,00 €
Unterhalt: 300,00 €
Summe Einkommen K: 494,00 €

Das Einkommen von K deckt also vollständig seinen Bedarf. Die 4,00 € Überschuss werden auf M übertragen, aber das ist hier nicht relevant.
Nun bestimmt § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, dass Kinder zur Bedarfsgemeinschaft der Eltern gehören, wenn sie ihre eigenen Bedarfe nicht mit eigenem Einkommen decken können.
Im Umkehrschluss gehört unser K nicht zur Bedarfsgemeinschaft von M, denn er hat ja bedarfsdeckendes Einkommen.

Jetzt kommt das BSG und sagt: Die Angemessenheit der Wohnung richtet sich nach der Anzahl der Personen in der Bedarfsgemeinschaft. Ob noch weitere Personen im Haushalt leben, selbst wenn es Familienmitglieder sind, ist nicht von Belang. M ist alleine in der Bedarfsgemeinschaft, also gilt für sie der Mietrichtwert in Höhe von 300,00 €. Ihr tatsächlicher Mietanteil beträgt 250,00 € und ist damit angemessen. Der Mietanteil von M ist also in voller Höhe zu berücksichtigen.

Das ist eine nicht ganz unwichtige Erkenntnis. Es gibt durchaus einige Fälle, in denen Kinder bedarfsdeckendes Einkommen haben, sei es durch Unterhaltszahlungen, Halbwaisenrenten, Ausbildungsentgelt, BAB, etc. Die Argumentation lässt sich auch auf Kinder im Haushalt übertragen, die 25 Jahre oder älter sind. Diese gehören ebenfalls nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft der Eltern. In all diesen Fällen ist die Angemessenheit der Wohnung allein nach der Anzahl der Personen in der „Rest-BG“ zu beurteilen. Es ist nach meiner Erfahrung nicht zu erwarten, dass die Jobcenter dieses Urteil besonders zeitnah umsetzen. Also aufpassen und die Berechnungsbögen Ihrer Bescheide genau prüfen, wenn eines der Fallbeispiele auf Sie zutrifft!

BSG, Urteil vom 25.04.2018, B 14 AS 14/17 R, Terminbericht Nr. 17/18

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