Entscheidungen des BSG für Selbständige

Das Bundessozialgericht hat am 12.09.2018 drei Entscheidungen zu § 41a SGB II getroffen und damit zwei aktuelle Rechtsfragen geklärt.
Diese Entscheidungen haben für Leistungsempfänger, die zugleich selbständig erwerbstätig sind, große Bedeutung.

Die erste Frage bezog sich auf die Geltung des § 41a SGB II für Zeiträume vor Inkrafttreten dieser Vorschrift, d. h. vor dem 01.08.2016.
§ 80 Abs. 2 SGB II enthält dazu Übergangsregelungen, die aus meiner Sicht schon dem Wortlaut nach eine Anwendung von § 41a SGB II für Bewilligungszeiträume vor dem 01.08.2016 klar ausschließen. Die Jobcenter vertraten aber häufig die Ansicht, die neuen Regelungen seien auch auf ältere Bewilligungszeiträume anwendbar, die schon vor dem 01.08.2016 endeten.

Dem hat das BSG nun einen Riegel vorgeschoben und entschieden, dass § 41a SGB II auf Bewilligungszeiträume nicht anzuwenden ist, die vor dem 01.08.2016 beendet waren. Damit entfällt für diese Zeiträume die unsägliche Möglichkeit, Leistungsansprüche für den gesamten Bewilligungszeitraum auf Null festzusetzen, wenn nicht „rechtzeitig“ (dazu später) die Nachweise über tatsächliche Einnahmen und Ausgaben vorgelegt wurden (§ 41a Abs. 3 Satz 3 SGB II). Derartige Fälle treten hier in letzter Zeit gehäuft auf.

Alte Zeiträume sind also noch nach § 328 SGB III (über § 40 Abs. 2 SGB II a. F.) zu behandeln. Diese Norm bietet die Möglichkeit der Nullfestsetzung nicht. Nach altem Recht konnten die Gewinne aus selbständiger Tätigkeit bei fehlenden Nachweisen nur geschätzt werden. Eine Schätzung muss aber z. B. die Gewinne der Vorzeiträume und die bekannten Umstände berücksichtigen. Eine Nullfestsetzung kommt dabei realistisch meist nicht in Beracht.

Die zweite Frage bezieht sich auf die „rechtzeitige“ Vorlage abschließender Angaben zu Einnahmen und Ausgaben.
Der oben genannte § 41a Abs. 3 Satz 3 SGB II ist nicht eindeutig formuliert, wenn es darum geht, zu welchem Zeitpunkt die Angaben und Nachweise vorliegen müssen, um einer Nullfestsetzung zu entgehen. Dort steht nämlich einerseits „bis zur abschließenden Entscheidung“ und andererseits „trotz angemessener Fristsetzung … nicht fristgerecht“. Die „abschließende Entscheidung“ bezeichnet im juristischen Sprachgebrauch die letzte Verwaltungsentscheidung, d. h. im Falle eines Widerspruchs den Widerspruchsbescheid. Die Jobcenter hingegen betrachteten als „abschließende Entscheidung“ die endgültige Festsetzung der Ansprüche auf Null, also den ersten Bescheid, der hierzu erlassen wurde. Mit dieser Begründung wurden Widersprüche gegen Nullfestsetzungen zurückgewiesen, selbst wenn im Widerspruchsverfahren die notwendigen Unterlagen nachgereicht wurden.
Das Stichwort hierzu lautet „Präklusion“.

Auch dies hat das BSG nun kassiert und festgestellt, dass § 41a Abs. 3 Satz 3 SGB II keine Präklusionsvorschrift ist.
Damit kann man also gegen Nullfestsetzungen Widerspruch einlegen und im Widerspruchsverfahren die Unterlagen nachreichen. Das Jobcenter muss dann anhand der Unterlagen prüfen, ob und in welcher Höhe Ansprüche bestanden, die Nullfestsetzung aufheben und die Ansprüche in korrekter Höhe festsetzen.

Der Terminbericht zu der ersten Entscheidung ist hier zu finden, die beiden anderen nehmen auf diese Entscheidung Bezug.

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